Herzsportgruppe des TuS Schönenberg

 

Die Rheinpfalz hat sich mit der Herzsportgruppe des TuS Schönenberg beschäftigt und dieser einen Besuch abgestattet. Den gesamten Bericht gibt es hier zum Download.

 

Kusel bewegt sich (8): Sie machen Wirbelsäulengymnastik, Step-Aerobic oder Nordic-Walking. Oder ganz ausgefallene Sportarten. In immer mehr Sportgruppen geht es vor allem um eines: Freude an der Bewegung. Wir stellen diese Gruppen vor. Sven Holler hat eine Stunde bei der Herzsportgruppe miterlebt. Er darf wieder kommen.

Schönenberg-Kübelberg. Es ist Donnerstagabend 19.15 Uhr. Die Turnhalle am Sportplatz befindet sich in den nächsten 60 Minuten in der Hand der Herzsportgruppe, die seit 1990 besteht, und in den Turn- und Sportverein Schönenberg eingegliedert ist. Das Besondere: Alle 20 Sportler haben mit den Folgen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu kämpfen. Aus diesem Grund muss ein Arzt die wöchentlichen Trainingsstunden begleiten, die von Conny Gesicki (57) und Marlies Luckscheiter (57) geleitet werden. Alle Anwesenden wird vor Beginn der Stunde der Blutdruck gemessen – so auch mir: 125/80, Puls 63. In Ordnung. Es kann losgehen.Unter Gesickis„ Anleitung führen die Sportler verschiedene Gehübungen durch: „Jetzt rückwärts laufen“, „auf die Zehenspitzen und die Arme zu den Sternen“. Bei allen Übungen mahnt Luckscheiter zur richtigen Atmung. „Jeder hat einen festgelegten Pulsbereich, aber durch die Anspannung vergessen einige das Atmen“, erklärt die Übungsleiterin während das Tempo der Übungen gesteigert wird. „Stop! Alle den Puls messen“, ruft Gesicki in die Runde. Die Werte werden vom anwesenden Arzt - heute Aydin Aksoy - überwacht. Hinter ihm steht ein Notfallkoffer mit Intubationsmaske, einer Vielzahl von Medikamenten und Infusionszubehör. Nicht zu vergessen ein Defibrillator. Mein Puls liegt nun bei 72 Schlägen.

Irene Habermann (73) erklärt, dass es in dieser Stunde sowohl um den Körper als auch um die Seele geht: „Ein Herzinfarkt oder eine Bypass-Operation sind Dinge, die das Leben verändern. An manchen Tagen bilden wir einen Kreis und jeder kann sich seine Last von der Seele reden.“

Zwischenzeitlich werden aus dem hinteren Bereich der Halle Stöcke und Bälle für die Gymnastik-, Kraft- und Ausdauerübungen geholt. Die Übungsleiterinnen positionieren sich in der Mitte des gebildeten Kreises und machen verschiedene Übungen vor. Sowohl einfache Bewegungen für die Schulter- und Armmuskulatur als auch Dehn- und Aerobic-Übungen sind im Trainingsplan enthalten: „Wir wählen die Übungen so aus, dass sie jeder nach seinem Können und medizinischen Vorgaben ausführen kann“, sagt Gesicki. Bei den Kniebeugen ruft eine Sportlerin hinter mir in die Gruppe: „Das haben die beim Oktoberfest mit Bierkrügen gemacht. Das könnt ihr euch für nächste Woche mal merken“. Gelächter bricht aus. Auch Willi Link ist mit Freude bei der Sache. Der 82-Jährige ist der älteste der Gruppe: „Natürlich macht das Spaß. In meinem Alter sind die Ausdauer-Geschichten nicht mehr so wichtig“, sagt er lachend. „Mir geht es vorrangig um die Gymnastik und die tolle Gruppe.“

Anschließend werden Bälle geprellt, zwischen den Beinen hindurch oder um den Oberkörper geführt. Zwischen den Übungen unterhalte ich mich mit Karlheinz Dick. Der 56-Jährige ist der jüngste Gruppenteilnehmer. In den zurückliegenden zwölf Jahren musste er zwei große Herzoperationen über sich ergehen lassen. „Ich habe mein Leben umgekrempelt – von gesunder Ernährung bis hin zum Sport“, erklärt er stolz. Er arbeitet bei der Firma Bosch und fährt täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit. Nur schwer tragen kann er nicht mehr. Vor allem bei der Jagd, seiner großen Leidenschaft, sei das hinderlich. „Aber die Hauptsache ist, ich bin gesund“, ergänzt er.

Zum Abschluss wird ein Konzentrationsspiel mit sechs unterschiedlich großen Bällen gespielt. Die Sportler mit Ball müssen in die Mitte des Kreises laufen, ihn zum rechten Nachbarn passen und dann wieder zurück in den Kreis gehen. „Das Tempo erhöhen“, ruft Luckscheiter dazwischen, „vor allem das Lächeln und Atmen nicht vergessen“, ergänzt Gesicki. Nach dem Spiel wird erneut der Puls gemessen. Bei mir sind es inzwischen 85 Schläge pro Minute.

Obwohl das Training beendet ist, geht die Herzsportler noch nicht auseinander. Bei Brezeln und Bier sitzen sie in der Gaststätte des Sportheims zusammen und feiern den 75. Geburtstag von Horst Hirsch. Er hat die Geburtsstunde der Gruppe 1990 miterlebt. Beim Geburtstagsständchen stimmen sogar die Fußballer mit ein, was ihn sichtlich berührt. Darüber hinaus unterhalten sie sich über einen geplanten Ausflug zum Neustadter Weihnachtsmarkt im Dezember und über Feste und Vorträge, die sie in den vergangenen Jahren organisiert haben. Gegen 21.30 Uhr verabschiede ich mich von der Gruppe. „Sollten sie in der Nähe sein, sind sie auch in Zukunft herzlich willkommen“, ruft mir Irene Habermann nach. Als ich die Tür zur Gaststätte schließe, höre ich von drinnen erneutes Gelächter. (hlr)

 

Quelle: RHEINPFALZ, Westricher Rundschau, 21.11.2012, S. 16

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